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„Palast Barberini“ – Versionsunterschied

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Der '''Palast Barberini''', in jüngerer Zeit auch '''Palais Barberini''' genannt, war ein unter dem preußischen König [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrich II.]] nach Entwürfen [[Carl von Gontard]]s 1771 bis 1772 errichtetes [[Klassizistischer Barock|klassizistisch-barockes]] Bürgerhaus in der Humboldtstraße 5/6 in [[Potsdam]]. Seine Hauptfassade ist zum [[Alter Markt (Potsdam)|Alten Markt]] mit dem [[Potsdamer Stadtschloss]] und der [[St. Nikolai (Potsdam)|Nikolaikirche]] gerichtet.
[[Datei:Palast Barberini 1907.jpg|miniatur|hochkant=1.5|Der Palast Barberini auf einer Fotografie von Ernst Eichgrün, 1907]]
Der '''Palast Barberini''' war ein unter dem preußischen König [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrich II.]] nach Entwürfen [[Carl von Gontard]]s 1771 bis 1772 errichtetes Bürgerhaus in der ehemaligen Humboldtstraße 5/6 in [[Potsdam]]. Seinen Namen erhielt das Gebäude nach dem vom König zum Vorbild bestimmten [[Palazzo Barberini]] in [[Rom]]. Die Potsdamer Nachschöpfung der italienischen Vorlage bildete den monumentalen südlichen Abschluss des [[Alter Markt (Potsdam)|Alten Marktes]] und gehörte zusammen mit dem ebenfalls von Gontard entworfenen benachbarten ''Noackschen Haus'' Humboldtstraße 4 zu den letzten unter Friedrich II. entstandenen Bauten rund um die Platzanlage. Mitte des 19. Jahrhunderts nach Entwürfen von [[Ludwig Persius]] und [[Ludwig Ferdinand Hesse]] um zwei rückseitige, zur [[Havel]] gerichtete Seitenflügel erweitert und als Stätte des Potsdamer Kultur- und Vereinslebens genutzt, wurde der Palast Barberini beim Luftangriff am 14. April 1945 weitgehend zerstört und die Ruine in der Nachkriegszeit abgetragen. Im Rahmen der geplanten Neubebauung des seitdem als Grünfläche und Parkplatz genutzten Grundstücks im Zuge des [[Landtag Brandenburg|Landtagsneubaus]] und der Umgestaltung des Potsdamer Stadtzentrums ist eine weitgehend am Original orientierte Wiedererrichtung des Palastes Barberini geplant.


Seinen Namen erhielt das Gebäude nach dem vom König zum Vorbild bestimmten [[Palazzo Barberini]] in [[Rom]]. Die Potsdamer Nachschöpfung der italienischen Vorlage bildete den monumentalen südöstlichen Abschluss des [[Alter Markt (Potsdam)|Alten Marktes]] und gehörte zusammen mit dem ebenfalls von Gontard entworfenen benachbarten ''[[Noacksches Haus|Noackschen Haus]]'' Humboldtstraße 4 zu den letzten unter Friedrich II. entstandenen Bauten rund um die Platzanlage. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Palaisbau nach Entwürfen von [[Ludwig Persius]] und [[Ludwig Ferdinand Hesse]] um zwei rückseitige, zur [[Havel]] gerichtete Seitenflügel erweitert und als Stätte des Potsdamer Kultur- und Vereinslebens genutzt.
== Lage ==


Beim [[Luftangriff auf Potsdam|Luftangriff am 14. April 1945]] wurde der Palast Barberini weitgehend zerstört und die Ruine in der [[Sowjetische Besatzungszone|SBZ]]-Zeit abgerissen. Danach wurde das Grundstück lange als Grünfläche und Parkplatz genutzt. Im Zuge der Umgestaltung der Potsdamer Mitte mit dem Wiederaufbau des Stadtschlosses als [[Landtag Brandenburg|Landtagsneubau]] und weiterer Gebäude in der Nachbarschaft erfolgte nach Spenden durch den Unternehmer [[Hasso Plattner]] von 2013 bis Ende 2016 eine äußerlich weitgehend am Original orientierte [[Rekonstruktion (Architektur)|Wiedererrichtung]] des Palastes Barberini zur Nutzung als Kunsthaus ''[[Museum Barberini]]''.
[[Datei:Potsdam 1850 detail.jpg|miniatur|Ausschnitt eines Plans von Potsdam von [[Heinrich Berghaus]] (um 1850): Rot markiert der Palast Barberini]]
[[Datei:Palast Barberini 1907.jpg|mini|hochkant=1.5|Der Palast Barberini auf einer Fotografie von Ernst Eichgrün, 1907]]

== Lage ==
[[Datei:Potsdam 1850 detail.jpg|mini|Ausschnitt eines Plans von Potsdam von [[Heinrich Berghaus]] (um 1850): Rot markiert der Palast Barberini]]
Das Grundstück des Palastes Barberini gehörte zum mittelalterlichen Siedlungskern der Stadt Potsdam im Umfeld des Havelübergangs und der am späteren Standort des Schlosses befindlichen Burganlage.<ref>Jung 1999, S. 61.</ref> Die Stadtansichten des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts zeigen die dichte Bebauung dieses Gebiets.<ref>Mielke 1972, S. 154f.</ref> Nähere Details zu den sicher vorhandenen Vorgängerbauten sind nicht bekannt.
Das Grundstück des Palastes Barberini gehörte zum mittelalterlichen Siedlungskern der Stadt Potsdam im Umfeld des Havelübergangs und der am späteren Standort des Schlosses befindlichen Burganlage.<ref>Jung 1999, S. 61.</ref> Die Stadtansichten des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts zeigen die dichte Bebauung dieses Gebiets.<ref>Mielke 1972, S. 154f.</ref> Nähere Details zu den sicher vorhandenen Vorgängerbauten sind nicht bekannt.


Das Gebäude stand auf der Südseite des Alten Marktes innerhalb des geschlossenen Straßenzuges der Humboldtstraße, der sich östlich der Platzanlage mit der Brauerstraße fortsetzte. Alte Karten zeigen die vom stadtseitigen Ende der [[Lange Brücke (Potsdam)|Langen Brücke]] in nordöstlicher Richtung zum Alten Markt verlaufende Straßenführung, die nach dem Abriss der Stadtschlossruine 1960 und der Bebauung auf der Südseite verschwand. Das nunmehr in den Komplex des [[Altes Rathaus (Potsdam)|Alten Rathauses]] einbezogene so genannte ''Knobelsdorffhaus'' mit der ehemaligen Adresse Brauerstraße 10 gibt heute die Ecke dieses ansonsten ebenfalls verlorenen Straßenzuges und des Alten Marktes an.
Das Gebäude stand auf der Südseite des Alten Marktes innerhalb des geschlossenen Straßenzuges der Humboldtstraße, der sich östlich der Platzanlage mit der Brauerstraße fortsetzte. Alte Karten zeigen die vom stadtseitigen Ende der [[Lange Brücke (Potsdam)|Langen Brücke]] in nordöstlicher Richtung zum Alten Markt verlaufende Straßenführung, die nach dem Abriss der Stadtschlossruine 1960 und der Bebauung auf der Südseite verschwand. Das nunmehr in den Komplex des [[Altes Rathaus (Potsdam)|Alten Rathauses]] einbezogene so genannte ''Knobelsdorffhaus'' mit der ehemaligen Adresse Brauerstraße 10 gibt heute die Ecke dieses ansonsten ebenfalls verlorenen Straßenzuges und des Alten Marktes an.


Die nordwestliche Begrenzung der auf Plänen des 18. Jahrhunderts als Schloss-Straße oder Schloss-Gasse<ref>Jung 1999, S. 68f.</ref> bezeichneten Straße bildete ein Seitenflügel des [[Stadtschloss (Potsdam)|Stadtschlosses]], während die Bebauung mit Bürgerhäusern im Südosten mit ihren wirtschaftlich genutzten Seitenflügeln den Raum bis zur Havel einnahm. In [[Heinrich Ludwig Manger|Mangers]] Baugeschichte von Potsdam wird die Lage mit den Worten ''„am alten Markte unweit des Schlosses“''<ref>Manger 1789, S. 363.</ref> beschrieben. Im Zuge der nach 1806 erfolgten Einführung von Hausnummern in Potsdam erhielten die Häuser die Adresse „Am Schloss 5/6“, ab 1874 dann Humboldtstraße 5/6.<ref>Mielke 1972, S. 92.</ref>
Die nordwestliche Begrenzung der auf Plänen des 18. Jahrhunderts als Schloss-Straße oder Schloss-Gasse<ref>Jung 1999, S. 68f.</ref> bezeichneten Straße bildete ein Seitenflügel des [[Stadtschloss (Potsdam)|Stadtschlosses]], während die Bebauung mit Bürgerhäusern im Südosten mit ihren wirtschaftlich genutzten Seitenflügeln den Raum bis zur Havel einnahm. In [[Heinrich Ludwig Manger|Mangers]] Baugeschichte von Potsdam wird die Lage mit den Worten „am alten Markte unweit des Schlosses“<ref>Manger 1789, S. 363.</ref> beschrieben. Im Zuge der nach 1806 erfolgten Einführung von Hausnummern in Potsdam erhielten die Häuser die Adresse „Am Schloss 5/6“, ab 1874 dann Humboldtstraße 5/6.<ref>Mielke 1972, S. 92.</ref>


== Benennung ==
== Der Palast Barberini als Beispiel königlicher Stadtgestaltung ==
Der Palast Barberini war das einzige in Potsdam nach fremder Vorlage errichtete Gebäude, das nicht nur kunsthistorisch gebildeten Kreisen, sondern auch dem breiten Publikum unter dem Namen seines Vorbildes geläufig war. Während eine 1754 an der Ecke Schlossstraße/Hohewegstraße errichtete Kopie des von [[Andrea Palladio]] entworfenen ''Palazzo Valmarana'' in [[Vicenza]] der Allgemeinheit als ''[[Plögerscher Gasthof]]'' oder ''Kommandantur'' bekannt war und die in der Breiten Straße befindliche Nachschöpfung eines Entwurfs von [[Inigo Jones]] für [[Palace of Whitehall|Whitehall Palace]] nach den Erstbesitzern ''Hiller-Brandtsche Häuser'' genannt wurde, blieb die Bezeichnung Palast Barberini bei den Potsdamer Einwohnern lebendig und war auch auf verschiedenen Stadtplänen so eingetragen. Eine Rolle mochte dabei eine Vermischung mit dem Namen der berühmten Tänzerin [[Barbara Campanini|Barberina]] gespielt haben, die von Friedrich&nbsp;II. verehrt wurde und von 1744 bis 1749 an der [[Staatsoper Unter den Linden|Königlichen Oper]] in [[Berlin]] engagiert war. Zu dem Potsdamer Bauwerk gab es allerdings keine Verbindung. Die Bezeichnung ''Palais Barberini'' findet sich erst in Presseerzeugnissen und Veröffentlichungen jüngeren Datums, nicht aber in der stadtgeschichtlichen und kunsthistorischen Literatur über Potsdam.


== Palast als königlicher Städtebau ==
[[Datei:Bundesarchiv Bild 170-002, Potsdam, Kortinalportal und Palast Barberini am alten Markt..jpg|miniatur|Foto des Alten Marktes in südlicher Richtung um 1930: Links im Hintergrund der Palast Barberini, rechts das Potsdamer Stadtschloss mit dem Fortunaportal]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 170-002, Potsdam, Alter Markt, Fortunaportal, Palast Barberini.jpg|mini|Foto des Alten Marktes in südlicher Richtung um 1930: links im Hintergrund der Palast Barberini, rechts das Potsdamer Stadtschloss mit dem Fortunaportal]]
Unter König [[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)|Friedrich Wilhelm I.]] wurden weite Teile der Altstadt erneuert und mit schlichten Fachwerk- oder Massivbauten versehen. Sein Sohn Friedrich II. ließ diese Gebäude ab 1748 nach und nach durch prächtigere Häuser ersetzen. Dies geschah ausgehend vom Stadtschloss und ausschließlich nach aus dem Blickwinkel des Königs entwickelten Vorgaben und oftmals nach ausländischen Vorbildern, die von Friedrich II. ausgewählt wurden.<ref name="mielke102ff">Mielke 1972, S. 102ff.</ref> Dabei war es zweitrangig, ob die vom König aus der Literatur ausgewählten Vorlagen am Originalstandort auch realisiert worden sind.
Unter König [[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)|Friedrich Wilhelm&nbsp;I.]] wurden weite Teile der Altstadt erneuert und mit schlichten Fachwerk- oder Massivbauten versehen. Sein Sohn Friedrich&nbsp;II. ließ diese Gebäude ab 1748 nach und nach durch prächtigere Häuser ersetzen. Dies geschah ausgehend vom Stadtschloss und ausschließlich nach aus dem Blickwinkel des Königs entwickelten Vorgaben und oftmals nach ausländischen Vorbildern, die von Friedrich&nbsp;II. ausgewählt wurden.<ref name="mielke102ff">Mielke 1972, S. 102ff.</ref> Dabei war es zweitrangig, ob die vom König aus der Literatur ausgewählten Vorlagen am Originalstandort auch realisiert worden waren.


Einen Schwerpunkt bildeten Bauten der italienischen [[Renaissance]] und des [[Manierismus]], aber auch englische und französische Bauten wurden für die Potsdamer Verhältnisse adaptiert. Da diese Vorbilder ursprünglich für völlig andere Zwecke und Bewohnerschichten geplant worden sind, zeigten sich immer wieder eklatante Widersprüche zwischen den Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten der bürgerlichen Nutzer und dem königlichen Repräsentationswillen, zumal der König auch noch zur größtmöglichen Sparsamkeit drängte: ''„Wenn doch große Herren, besonders solche, die außer ihrem Vergnügen zugleich zum Besten ihrer Unterthanen bauen, nicht so sehr auf armselige Ersparungen sehen wollten! wie groß würde in der Folge der Vortheil für dieselben sein! besonders in Potsdam, wo für arme Bürger Palläste erbauet werden, deren Unterhalt öfters mehr beträgt, als der ganze Nutzen der Vermiethung und des Erwerbes.“''<ref>Manger 1789, S. 318.</ref>
Einen Schwerpunkt bildeten Bauten der italienischen [[Renaissance]] und des [[Manierismus]], aber auch englische und französische Bauten wurden für die Potsdamer Verhältnisse adaptiert. Da diese Vorbilder ursprünglich für völlig andere Zwecke und Bewohnerschichten geplant worden waren, zeigten sich immer wieder eklatante Widersprüche zwischen den Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten der bürgerlichen Nutzer und dem königlichen Repräsentationswillen, zumal der König auch noch zur größtmöglichen Sparsamkeit drängte: „Wenn doch große Herren, besonders solche, die außer ihrem Vergnügen zugleich zum Besten ihrer Unterthanen bauen, nicht so sehr auf armselige Ersparungen sehen wollten! wie groß würde in der Folge der Vortheil für dieselben sein! besonders in Potsdam, wo für arme Bürger Palläste erbauet werden, deren Unterhalt öfters mehr beträgt, als der ganze Nutzen der Vermiethung und des Erwerbes.“<ref>Manger 1789, S. 318.</ref>


Als 1771 bis 1772 der Palast Barberini erbaut wurde, war die Umgestaltung der übrigen Platzfronten des Alten Marktes lange abgeschlossen und die Erneuerung weiter entfernter Stadtviertel bereits im Gange.<ref>Mielke 1972, S. 44.</ref> Lediglich das südwestlich anschließende Haus Humboldtstraße 4 wurde erst 1777 neu gebaut.<ref>Manger 1789, S. 423f.</ref> Das nach dem Vorbild des von [[Michele Sanmicheli]] um 1530 entworfenen ''Palazzo Pompei'' in [[Verona]] errichtete Haus Humboldtstraße 3 entstand bereits 1754, ebenso die in nordöstlicher Richtung anschließende Häuserzeile der Brauerstraße 1–6.<ref>Mielke 1972, S. 24.</ref>
Als 1771 bis 1772 der Palast Barberini erbaut wurde, war die Umgestaltung der übrigen Platzfronten des Alten Marktes lange abgeschlossen und die Erneuerung weiter entfernter Stadtviertel bereits im Gange.<ref>Mielke 1972, S. 44.</ref> Lediglich das südwestlich anschließende Haus Humboldtstraße 4 wurde erst 1777 neu gebaut.<ref>Manger 1789, S. 423f.</ref> Das nach dem Vorbild des von [[Michele Sanmicheli]] um 1530 entworfenen ''Palazzo Pompei'' in [[Verona]] errichtete Haus Humboldtstraße 3 entstand bereits 1754, ebenso die in nordöstlicher Richtung anschließende Häuserzeile der Brauerstraße 1–6.<ref>Mielke 1972, S. 24.</ref>
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Nach den Kriegszerstörungen und Abrissen in der Folgezeit haben sich in Potsdam lediglich das Alte Rathaus von 1753 sowie das benachbarte Haus Brauerstraße 10 und die 1769 nach Plänen [[Georg Christian Unger]]s errichteten [[Hiller-Brandtsche Häuser|Hiller-Brandtschen Häuser]] in der Breiten Straße als Beispiele der Nachahmung ausländischer Vorbilder erhalten. Der Palast Barberini stand zeitlich am Ende der Epoche kopierter Palastfassaden. In den 1770er und 1780er Jahren kam es in Potsdam mit den Arbeiten Ungers, [[Andreas Ludwig Krüger]]s, [[Johann Gottlob Schulze]]s und anderer zu einer eigenständigen Entwicklung spätbarocker Bürgerhäuser, die in Aussehen und Funktion den Anforderungen der Nutzer entsprachen.<ref>vgl. Mielke 1998, S. 50.</ref>
Nach den Kriegszerstörungen und Abrissen in der Folgezeit haben sich in Potsdam lediglich das Alte Rathaus von 1753 sowie das benachbarte Haus Brauerstraße 10 und die 1769 nach Plänen [[Georg Christian Unger]]s errichteten [[Hiller-Brandtsche Häuser|Hiller-Brandtschen Häuser]] in der Breiten Straße als Beispiele der Nachahmung ausländischer Vorbilder erhalten. Der Palast Barberini stand zeitlich am Ende der Epoche kopierter Palastfassaden. In den 1770er und 1780er Jahren kam es in Potsdam mit den Arbeiten Ungers, [[Andreas Ludwig Krüger]]s, [[Johann Gottlob Schulze]]s und anderer zu einer eigenständigen Entwicklung spätbarocker Bürgerhäuser, die in Aussehen und Funktion den Anforderungen der Nutzer entsprachen.<ref>vgl. Mielke 1998, S. 50.</ref>


== Namensgebung ==
=== Entwurf ===
[[Datei:Andreas Ludwig Krüger - Vorstellung der West-Seite der Brauer Straße in Potsdam (Palast Barberini).jpg|mini|„Vorstellung der West-Seite der Brauer Straße in Potsdam“, Radierung von [[Andreas Ludwig Krüger]], 1779. Links der Palast Barberini, rechts das 1777 erbaute Haus Humboldtstraße 4]]

Der Entwurf des vom Zimmermeister Naumann und dem Gastwirt Berkholz<ref>Mielke 1972, S. 324ff.</ref> bewohnten Hauses wird [[Carl von Gontard]] zugeschrieben, wobei auch eine Mitarbeit [[Georg Christian Unger]]s in Erwägung gezogen wird. Als Vorbild diente den Architekten der ab 1625 erbaute [[Palazzo Barberini]] in Rom, der nach Entwürfen von [[Carlo Maderno]], [[Gianlorenzo Bernini]] und [[Francesco Borromini]] entstanden war und den Gontard höchstwahrscheinlich aus eigener Anschauung kannte.<ref name="fick202f">Fick 2000, S. 202f.</ref> Mielke führt weiterhin Parallelen zu einer Abbildung in [[Paul Decker der Ältere|Paul Deckers]] Vorlagenwerk ''Fürstlicher Baumeister…'' vom Anfang des 18. Jahrhunderts an, die unter dem Einfluss des römischen Baus entstand und die Friedrich&nbsp;II. aus seiner Bibliothek bekannt war.<ref>Mielke 1972, S. 325.</ref>
Der Palast Barberini war das einzige in Potsdam nach fremder Vorlage errichtete Gebäude, das nicht nur kunsthistorisch gebildeten Kreisen, sondern auch dem breiten Publikum unter dem Namen seines Vorbildes geläufig war. Während eine 1754 an der Ecke Schlossstraße/Hohewegstraße errichtete Kopie des von [[Andrea Palladio]] entworfenen ''Palazzo Valmarana'' in [[Vicenza]] der Allgemeinheit als ''Plögerscher Gasthof'' oder ''Kommandantur'' bekannt war und die in der Breiten Straße befindliche Nachschöpfung eines Entwurfs von [[Inigo Jones]] für [[Palace of Whitehall|Whitehall Palace]] nach den Erstbesitzern ''Hiller-Brandtsche Häuser'' genannt wurde, blieb die Bezeichnung Palast Barberini bei den Potsdamer Einwohnern lebendig und war auch auf verschiedenen Stadtplänen so eingetragen. Eine Rolle mochte dabei eine Vermischung mit dem Namen der berühmten Tänzerin [[Barbara Campanini|Barberina]] gespielt haben, die von Friedrich II. verehrt wurde und von 1744 bis 1749 an der [[Staatsoper Unter den Linden|Königlichen Oper]] in [[Berlin]] engagiert war. Zu dem Potsdamer Bauwerk gab es allerdings keine Verbindung. Die Bezeichnung ''Palais Barberini'' findet sich erst in Presseerzeugnissen und Veröffentlichungen jüngeren Datums, nicht aber in der stadtgeschichtlichen und kunsthistorischen Literatur über Potsdam.

== Entwurf und Ausführung ==

[[Datei:Palast Barberini Krüger 1779.jpg|miniatur|„Vorstellung der West-Seite der Brauer Straße in Potsdam“, Radierung von Andreas Ludwig Krüger, 1779. Links der Palast Barberini, rechts das 1777 erbaute Haus Humboldtstraße 4]]Der Entwurf des vom Zimmermeister Naumann und dem Gastwirt Berkholz<ref>Mielke 1972, S. 324ff.</ref> bewohnten Hauses wird Carl von Gontard zugeschrieben, wobei auch eine Mitarbeit Georg Christian Ungers in Erwägung gezogen wird. Als Vorbild diente den Architekten der ab 1625 erbaute [[Palazzo Barberini]] in Rom, der nach Entwürfen von [[Carlo Maderno]], [[Gianlorenzo Bernini]] und [[Francesco Borromini]] entstanden war und den Gontard höchstwahrscheinlich aus eigener Anschauung kannte.<ref name="fick202f">Fick 2000, S. 202f.</ref> Mielke führt weiterhin Parallelen zu einer Abbildung in [[Paul Decker der Ältere|Paul Deckers]] Vorlagenwerk ''„Fürstlicher Baumeister…“'' vom Anfang des 18. Jahrhunderts an, die unter dem Einfluss des römischen Baus entstand und die Friedrich II. aus seiner Bibliothek bekannt war.<ref>Mielke 1972, S. 325.</ref>

Zur Zeit der Errichtung des Palasts Barberini war es in Potsdam üblich, dass die von den königlichen Umgestaltungsmaßnahmen betroffenen Bewohner im Frühjahr ihre alten Häuser verließen und den Neubau im Herbst beziehen konnten. Der 1771 begonnene Bau dagegen zog sich aufgrund der Größe des Vorhabens bis in das Jahr 1772 hin. Zudem berichtet Manger, dass die beiden hinter der monumentalen Fassade befindlichen Häuser von unterschiedlichen Werkmeistern ausgeführt worden sind, wobei es an einem Teil wegen nachlässiger Arbeit während der Bauzeit zu einem Einsturz kam, bei dem ''„etliche [Arbeiter] auf der Stelle todt blieben“''. Der König hätte ungnädig auf den Fall reagiert, ''„und doch ging seine Milde so weit, daß er nicht eher wieder in diese Gegend kam, bis alles in fertigen Stand gesetzt war, damit er alsdenn seine Zufriedenheit über die Ausführung bezeugen konnte“''.<ref>Manger 1789, S. 363ff.</ref>

== Architektur ==


=== Baubeschreibung ===
=== Baubeschreibung ===
Beim Palast Barberini handelte es sich um zwei hinter einer einheitlichen Fassade zusammengefasste dreigeschossige Bürgerhäuser, die auf königliche Kosten anstelle schlichterer Vorgängerbauten errichtet worden sind, um dem Alten Markt das vom König gewünschte repräsentative Aussehen<ref>vgl. Mielke 1998, S. 46ff.</ref> zu geben. Die Fassade verfügte über dreizehn [[Achse (Architektur)|Fensterachsen]], von denen die mittleren fünf einen weit vorspringenden [[Risalit]] bildeten, der sich durch seine Architektur deutlich von den jeweils vierachsigen, in der Straßenflucht liegenden Seitenflügeln unterschied.

Beim Palast Barberini handelte es sich um zwei hinter einer einheitlichen Fassade zusammengefasste dreigeschossige Bürgerhäuser, die auf königliche Kosten anstelle schlichterer Vorgängerbauten errichtet worden sind, um dem Alten Markt das vom König gewünschte repräsentative Aussehen<ref>vgl. Mielke 1998, S. 46ff.</ref> zu geben. Die Fassade verfügte über 13 Fensterachsen, von denen die mittleren fünf einen weit vorspringenden [[Risalit]] bildeten, der sich durch seine Architektur deutlich von den jeweils vierachsigen, in der Straßenflucht liegenden Seitenflügeln unterschied.


Der Mittelrisalit war durch eine geschossweise vorgelegte Gliederung aus [[Toskanische Ordnung|toskanischen]], [[Ionische Ordnung|ionischen]] und [[Korinthische Ordnung|korinthischen]] [[Säulenordnung]]en akzentuiert. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss waren diese als [[Halbsäule|Dreiviertelsäulen]] ausgebildet. Das zweite Obergeschoss erhielt dagegen eine Gliederung durch [[Pilaster]], wobei diese noch durch jeweils zwei hinterschoben erscheinende halbe Pilaster begleitet wurden. In den Rücklagen der Obergeschosse erschienen große Rundbogenfenster, während das Erdgeschoss des Risalits in [[Arkade|Bogenstellungen]] geöffnet war. Das Mittelfenster des ersten Obergeschosses erhielt einen [[Söller|Altan]] mit [[Baluster]]brüstung auf zwei vor der Fassade stehenden Vollsäulen.
Der Mittelrisalit war durch eine geschossweise vorgelegte Gliederung aus [[Toskanische Ordnung|toskanischen]], [[Ionische Ordnung|ionischen]] und [[Korinthische Ordnung|korinthischen]] [[Säulenordnung]]en akzentuiert. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss waren diese als [[Halbsäule|Dreiviertelsäulen]] ausgebildet. Das zweite Obergeschoss erhielt dagegen eine Gliederung durch [[Pilaster]], wobei diese noch durch jeweils zwei hinterschoben erscheinende halbe Pilaster begleitet wurden. In den Rücklagen der Obergeschosse erschienen große Rundbogenfenster, während das Erdgeschoss des Risalits in [[Arkade|Bogenstellungen]] geöffnet war. Das Mittelfenster des ersten Obergeschosses erhielt einen [[Söller|Altan]] mit [[Baluster]]brüstung auf zwei vor der Fassade stehenden Vollsäulen.
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Die jeweils vierachsigen Seitenflügel nahmen die Gliederung des Risalits in vereinfachter Form auf. Hier erfolgte diese im Erd- und ersten Obergeschoss durch flache [[Lisene]]n, während im zweiten Obergeschoss die glatte Wandfläche dominierte. Zusätzlich zu den drei Hauptgeschossen verfügten die unteren beiden Etagen in den Seitenflügeln noch über jeweils ein niedriges [[Mezzanin]]geschoss, das sich in gerahmten querrechteckigen Fenstern zur Straße öffnete. Die Fenster der Hauptgeschosse hatten im Erdgeschoss gerade, in den Obergeschossen abwechselnd angeordnete dreieckige und segmentbogige [[Fensterverdachung|Verdachungen]]. Den oberen Abschluss bildete eine [[Attika (Architektur)|Attika]], die im Risalit mit [[Baluster]]n versehen und mit Vasen bekrönt war. Durch die Attika wurde das flache Satteldach des Hauses weitgehend verdeckt.
Die jeweils vierachsigen Seitenflügel nahmen die Gliederung des Risalits in vereinfachter Form auf. Hier erfolgte diese im Erd- und ersten Obergeschoss durch flache [[Lisene]]n, während im zweiten Obergeschoss die glatte Wandfläche dominierte. Zusätzlich zu den drei Hauptgeschossen verfügten die unteren beiden Etagen in den Seitenflügeln noch über jeweils ein niedriges [[Mezzanin]]geschoss, das sich in gerahmten querrechteckigen Fenstern zur Straße öffnete. Die Fenster der Hauptgeschosse hatten im Erdgeschoss gerade, in den Obergeschossen abwechselnd angeordnete dreieckige und segmentbogige [[Fensterverdachung|Verdachungen]]. Den oberen Abschluss bildete eine [[Attika (Architektur)|Attika]], die im Risalit mit [[Baluster]]n versehen und mit Vasen bekrönt war. Durch die Attika wurde das flache Satteldach des Hauses weitgehend verdeckt.


[[Datei:Bundesarchiv Bild 170-217, Potsdam, Nikolaikirche und Palast Barberini.jpg|miniatur|Foto des Havelufers in nördlicher Richtung um 1930: Die Seitenflügel auf der Rückseite des Palastes Barberini, dahinter die Kirche St. Nikolai und das Alte Rathaus]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 170-217, Potsdam, Nikolaikirche und Palast Barberini.jpg|mini|Foto des Havelufers in nördlicher Richtung um 1930: Die Seitenflügel auf der Rückseite des Palastes Barberini, dahinter die Kirche St. Nikolai und das Alte Rathaus]]
Die zur Havel gelegene Rückseite der Bürgerhäuser war zur Zeit ihrer Errichtung schlicht ausgebildet und nicht durch eine besondere Architektursprache hervorgehoben, da sich hier lediglich untergeordneten Zwecken dienende Wirtschaftsgebäude befanden. Die beiden im 19.&nbsp;Jahrhundert im Zuge der Umnutzung der Gebäude rückseitig angebauten langen Seitenflügel von jeweils zwölf zu drei Achsen folgten in ihrer Geschossteilung und Formensprache den straßenseitigen Flügeln. Allerdings wurde hier auf die Ausbildung einer Attika verzichtet. Unter dem flachen [[Walmdach|abgewalmten]] Dach war eine [[Gesims]]zone mit kleinen Öffnungen zum Dachboden angeordnet. Über Fensterverdachungen verfügten hier lediglich die drei Achsen der Längsseiten an den havelseitigen Enden sowie die Stirnseiten der Flügel, so dass der Eindruck von Kopfbauten entstand. Die Rückseite des Mittelbaus erhielt eine dem straßenseitigen Mittelrisalit entsprechende repräsentative Fassadengliederung.
Die zur Havel gelegene Rückseite der Bürgerhäuser war zur Zeit ihrer Errichtung schlicht ausgebildet und nicht durch eine besondere Architektursprache hervorgehoben, da sich hier lediglich untergeordneten Zwecken dienende Wirtschaftsgebäude befanden. Die beiden im 19.&nbsp;Jahrhundert im Zuge der Umnutzung der Gebäude rückseitig angebauten langen Seitenflügel von jeweils zwölf zu drei Achsen folgten in ihrer Geschossteilung und Formensprache den straßenseitigen Flügeln. Allerdings wurde hier auf die Ausbildung einer Attika verzichtet. Unter dem flachen [[Walmdach|abgewalmten]] Dach war eine [[Gesims]]zone mit kleinen Öffnungen zum Dachboden angeordnet. Über Fensterverdachungen verfügten hier lediglich die drei Achsen der Längsseiten an den havelseitigen Enden sowie die Stirnseiten der Flügel, so dass der Eindruck von Kopfbauten entstand. Die Rückseite des Mittelbaus erhielt eine dem straßenseitigen Mittelrisalit entsprechende repräsentative Fassadengliederung.


Über die Aufteilung der Innenräume zur Erbauungszeit des Hauptbaus 1771 bis 1772 ist mangels erhaltener Unterlagen nichts bekannt.<ref>Fick 2000, S. 203.</ref> Beim Um- und Erweiterungsbau zwischen 1845 und 1849 wurden die vorher im Hauptbau untergebrachten Wohnungen in die neuen Seitenflügel verlegt, im Erdgeschoss des Mittelbaus eine den gestiegenen Repräsentationsanforderungen entsprechende Durchfahrt mit Säulenstellungen geschaffen und in dessen Obergeschossen mehrere reich verzierte Säle eingebaut.<ref>Kitschke 2007, S. 206f.</ref> Der havelseitige Hof zwischen den Seitenflügeln war gärtnerisch gestaltet. Eine breite [[Freitreppe]] führte von hier an das Flussufer. Die auf der Grundrisszeichnung des 19.&nbsp;Jahrhunderts erkennbaren L-förmigen Nebengebäude, welche symmetrisch in der Verlängerung der Seitenflügel angeordnet waren und Ställe und Toiletten enthielten, sind später durch [[Pergola|Pergolen]] ersetzt worden.
Über die Aufteilung der Innenräume zur Erbauungszeit des Hauptbaus 1771 bis 1772 ist mangels erhaltener Unterlagen nichts bekannt.<ref>Fick, 2000, S. 203.</ref> Beim Um- und Erweiterungsbau zwischen 1845 und 1849 wurden die vorher im Hauptbau untergebrachten Wohnungen in die neuen Seitenflügel verlegt, im Erdgeschoss des Mittelbaus eine den gestiegenen Repräsentationsanforderungen entsprechende Durchfahrt mit Säulenstellungen geschaffen und in dessen Obergeschossen mehrere reich verzierte Säle eingebaut.<ref>Kitschke, 2007, S. 206f.</ref> Der havelseitige Hof zwischen den Seitenflügeln war gärtnerisch gestaltet. Eine breite [[Freitreppe]] führte von hier an das Flussufer. Die auf der Grundrisszeichnung des 19.&nbsp;Jahrhunderts erkennbaren L-förmigen Nebengebäude, welche symmetrisch in der Verlängerung der Seitenflügel angeordnet waren und Ställe und Toiletten enthielten, sind später durch [[Pergola|Pergolen]] ersetzt worden.


=== Ausführung ===
=== Vergleich mit dem Palazzo Barberini in Rom ===
Zur Zeit der Errichtung des Palasts Barberini war es in Potsdam üblich, dass die von den königlichen Umgestaltungsmaßnahmen betroffenen Bewohner im Frühjahr ihre alten Häuser verließen und den Neubau im Herbst beziehen konnten. Der 1771 begonnene Bau dagegen zog sich aufgrund der Größe des Vorhabens bis in das Jahr 1772 hin. Zudem berichtet Manger, dass die beiden hinter der monumentalen Fassade befindlichen Häuser von unterschiedlichen Werkmeistern ausgeführt worden sind, wobei es an einem Teil wegen nachlässiger Arbeit während der Bauzeit zu einem Einsturz kam, bei dem „etliche [Arbeiter] auf der Stelle todt blieben“. Der König habe ungnädig auf den Fall reagiert, „und doch ging seine Milde so weit, daß er nicht eher wieder in diese Gegend kam, bis alles in fertigen Stand gesetzt war, damit er alsdenn seine Zufriedenheit über die Ausführung bezeugen konnte“.<ref>Manger 1789, S. 363ff.</ref>


[[Datei:Palazzo Barberini Piranesi 1748.jpg|miniatur|Rom, Palazzo Barberini, Radierung von [[Giovanni Battista Piranesi]], um 1748]]
=== Vorbild Palazzo Barberini (Rom) ===
[[Datei:Piranesi-16045.jpg|mini|Rom, Palazzo Barberini, Radierung von [[Giovanni Battista Piranesi]], um 1748]]
Das vom König ausgewählte Vorbild ist ein monumentaler [[Barock]]palast, der im Gegensatz zu anderen Beispielen der römischen Palastarchitektur frei auf einem großen Grundstück steht und nicht in einen Straßenzug oder in eine [[Karree (Architektur)|Karreestruktur]] eingebunden ist. Daher wurde hier der Mittelbau von zwei vorspringenden Seitenflügeln eingefasst, die einen [[Ehrenhof (Schloss)|Ehrenhof]] bilden. In Potsdam wurden stattdessen die Seitenflügel zurückgesetzt, um den hier fünf- statt siebenachsigen Mittelrisalit im Straßenraum der Humboldt- und Brauerstraße als Blickpunkt wirken zu lassen. Außerdem hätte die Ausbildung einer Ehrenhofsituation die ohnehin unregelmäßige Platzfigur des Alten Marktes weiter verunklärt und auch nicht Potsdamer Baugepflogenheiten entsprochen.<ref name="fick202f" />
Das vom König ausgewählte Vorbild ist ein monumentaler [[Barock]]palast, der im Gegensatz zu anderen Beispielen der römischen Palastarchitektur frei auf einem großen Grundstück steht und nicht in einen Straßenzug oder in eine [[Karree (Architektur)|Karreestruktur]] eingebunden ist. Daher wurde hier der Mittelbau von zwei vorspringenden Seitenflügeln eingefasst, die einen [[Ehrenhof (Schloss)|Ehrenhof]] bilden. In Potsdam wurden stattdessen die Seitenflügel zurückgesetzt, um den hier fünf- statt siebenachsigen Mittelrisalit im Straßenraum der Humboldt- und Brauerstraße als Blickpunkt wirken zu lassen. Außerdem hätte die Ausbildung einer Ehrenhofsituation die ohnehin unregelmäßige Platzfigur des Alten Marktes weiter verunklärt und auch nicht Potsdamer Baugepflogenheiten entsprochen.<ref name="fick202f" />


Der Palazzo Barberini in Rom besitzt keine [[Mezzanin]]geschosse. Diese wurden in Potsdam eingefügt, um das für Bürgerhäuser überdimensionierte Bauvolumen ausnutzen zu können, aber auch, um die Heizkosten der großzügig bemessenen Räume zu senken. Allerdings resultierten aus den niedrigen Zwischengeschossen der nach fremden Vorlagen erbauten Potsdamer Bürgerhäuser oftmals auch sehr unzureichende Wohnbedingungen.<ref>vgl. Mielke 1998, S. 49.</ref>
Der Palazzo Barberini in Rom besitzt keine [[Mezzanin]]geschosse. Diese wurden in Potsdam eingefügt, um das für Bürgerhäuser überdimensionierte Bauvolumen ausnutzen zu können, aber auch, um die Heizkosten der großzügig bemessenen Räume zu senken. Allerdings resultierten aus den niedrigen Zwischengeschossen der nach fremden Vorlagen erbauten Potsdamer Bürgerhäuser oftmals auch sehr unzureichende Wohnbedingungen.<ref>vgl. Mielke 1998, S. 49.</ref>


In Potsdam wurde das Dach durch eine Attika verdeckt, während es beim Palazzo Barberini in Rom direkt über dem Hauptgesims ansetzt und noch über Aufbauten verfügt. Schließlich wurde bei der Potsdamer Nachschöpfung auf eine architektonische Gestaltung der Rückseite verzichtet, die beim Vorbild als malerische asymmetrische Gartenfont ausgebildet ist.
In Potsdam wurde das Dach durch eine Attika verdeckt, während es beim Palazzo Barberini in Rom direkt über dem Hauptgesims ansetzt und noch über Aufbauten verfügt. Schließlich wurde bei der Potsdamer Nachschöpfung auf eine architektonische Gestaltung der Rückseite verzichtet, die beim Vorbild als malerische asymmetrische Gartenfront ausgebildet ist.


Die Nennung des römischen Vorbilds erfolgte nicht immer korrekt. [[Friedrich Nicolai]] beschreibt 1786 das ''„''Schulzische'' und ''Dieckowsche'' Haus, eine Nachahmung des [[Palazzo Borghese]] zu Rom“''<ref>Friedrich Nicolai: Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Berlin 1786, Leipzig 1993, S. 36, ISBN 3-379-01465-6.</ref>, wobei er mit der namentlichen Erwähnung der Bewohner zugleich einen frühen Eigentümerwechsel dokumentiert. Manger wiederholt bei der Beschreibung des Baus die Angaben Nicolais. Erst bei der Abhandlung des benachbarten Hauses Humboldtstraße 4 erscheint in Mangers ''Baugeschichte'' die Bezeichnung „Palast Barberini“. Die straßenseitigen Seitenflügel wurden seitdem wiederholt mit dem Palazzo Borghese in Verbindung gebracht. Allerdings schreibt Andreas Ludwig Krüger bereits 1779, dass Unger nach dem Vorbild des Palazzo Barberini gezeichnet habe und die seitlichen Flügel „dazu komponirt“<!--sic!--> seien, so dass der namengebende Palazzo als einziges Vorbild erscheint.<ref name="fick202f" /> Die Architektur der Seitenflügel und insbesondere die Anordnung der Zwischengeschosse orientieren sich allerdings stark am Palazzo Borghese, so dass auch eine Kompilation beider römischer Bauten vorliegen könnte.
Die Nennung des römischen Vorbilds erfolgte nicht immer korrekt. [[Friedrich Nicolai]] beschreibt 1786 das „''Schulzische'' und ''Dieckowsche'' Haus, eine Nachahmung des [[Palazzo Borghese]] zu Rom“,<ref>Friedrich Nicolai: ''Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam.'' Berlin 1786, Leipzig 1993, S. 36, ISBN 3-379-01465-6.</ref> wobei er mit der namentlichen Erwähnung der Bewohner zugleich einen frühen Eigentümerwechsel dokumentiert. Manger wiederholt bei der Beschreibung des Baus die Angaben Nicolais. Erst bei der Abhandlung des benachbarten Hauses Humboldtstraße 4 erscheint in Mangers ''Baugeschichte'' die Bezeichnung „Palast Barberini“. Die straßenseitigen Seitenflügel wurden seitdem wiederholt mit dem Palazzo Borghese in Verbindung gebracht. Allerdings schreibt Andreas Ludwig Krüger bereits 1779, dass Unger nach dem Vorbild des Palazzo Barberini gezeichnet habe und die seitlichen Flügel „dazu komponirt“<!--sic!--> seien, so dass der namengebende Palazzo als einziges Vorbild erscheint.<ref name="fick202f" /> Die Architektur der Seitenflügel und insbesondere die Anordnung der Zwischengeschosse orientieren sich allerdings stark am Palazzo Borghese, so dass auch eine Kompilation beider römischer Bauten vorliegen könnte.


Der Palast Barberini lehnte sich in seiner Gestaltung zwar eng an ein knapp 150&nbsp;Jahre zuvor entstandenes römisches Vorbild an, fügte sich aber dennoch in die Potsdamer Bürgerhausarchitektur und das nach italienischen Vorlagen gestaltete Ensemble des Alten Marktes ein. Das kann zum einen mit der eher [[Klassizismus|klassizistischen]] Grundhaltung des römischen Palazzo, die auf spektakuläre Schwünge und dramatische Kontraste verzichtet, zum anderen mit der nahezu ausschließlich [[Tektonik (Architektur)|tektonischen]] statt dekorativen Gliederung des Baukörpers erklärt werden.
Der Palast Barberini lehnte sich in seiner Gestaltung zwar eng an ein knapp 150&nbsp;Jahre zuvor entstandenes römisches Vorbild an, fügte sich aber dennoch in die Potsdamer Bürgerhausarchitektur und das nach italienischen Vorlagen gestaltete Ensemble des Alten Marktes ein. Das kann zum einen mit der eher [[Klassizismus|klassizistischen]] Grundhaltung des römischen Palazzo, die auf spektakuläre Schwünge und dramatische Kontraste verzichtet, zum anderen mit der nahezu ausschließlich [[Tektonik (Architektur)|tektonischen]] statt dekorativen Gliederung des Baukörpers erklärt werden.


== Zerstörung und Abriss ==
== Die Nutzungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert ==
[[Datei:Bundesarchiv Bild 170-407, Potsdam, Ruine Palast Barberini.jpg|mini|hochkant=0.6|Ruine des Palastes Barberini, nach 1945]]
Beim westalliierten [[Luftangriff auf Potsdam]] am 14. April 1945 und den folgenden Artilleriegefechten mit der Roten Armee wurde der Palast Barberini schwer beschädigt und brannte aus. Ein von verschiedenen Seiten geforderter Wiederaufbau erfolgte aufgrund der schweren Schäden nicht; die Ruine wurde am 24. März 1948 zusammen mit dem Palasthotel gesprengt.<ref>Persius 2003, S. 236.</ref> Der unausgeführte Wiederaufbauplan für Potsdam von 1952 zeigt auf den freigeräumten Grundstücken des Palastes Barberini und der ebenfalls zerstörten Nachbarhäuser einen „Skulpturenhain“, der wohl zur Aufstellung der von den kriegszerstörten Häusern stammenden Bildwerke bestimmt war.<ref>Jung 1999, S. 87.</ref> Während der DDR-Zeit diente die Fläche trotz verschiedener Pläne zum Bau kultureller Einrichtungen wie Theater oder Stadthalle als Grünanlage und Parkplatz. An der Havel entstand eine Uferpromenade.


Von 1994 bis 2006 befand sich auf dem Grundstück des Palastes Barberini die Interimsspielstätte des [[Hans-Otto-Theater]]s.
[[Datei:Palast Barberini floorplan 1850.jpg|miniatur|Rudolf Hesse (?): Grundriss des Erdgeschosses, um 1850]]
[[Datei:Palast Barberini Interior 1850.jpg|miniatur|Ludwig Ferdinand Hesse: Dekoration der beiden Säle, 1850]]
Ab 1845 wurde der Palast Barberini im Auftrag König [[Friedrich Wilhelm IV.|Friedrich Wilhelms IV.]] durchgreifend umgebaut. Der König verfolgte bereits seit 1843 Pläne, das Havelufer durch die Umgestaltung der unansehnlichen Gebäuderückseiten in seine Verschönerungspläne für Potsdam einzubeziehen. Er kaufte zu diesem Zweck das Haus allerdings nicht selbst, sondern unterstützte die ebenfalls am Erwerb interessierten Potsdamer Maurermeister Christian Heinrich Zech (1798–1858) und Adolph Wilhelm Hecker (1805–1870) mit 80.000 Talern. Sie erstanden das Gebäude für 27.300 Taler und nahmen mit dem übrigen Geld die umfangreichen Umbauten vor. Dabei verpflichteten sich die Eigentümer, dem „Kunst- und Wissenschaftlichen Verein“ Räume im umgestalteten Vorderhaus unentgeltlich auf „ewige Zeiten“ zur Nutzung zu überlassen. Die von Ludwig Persius 1844 ausgearbeiteten Pläne, die vom König mehrfach geändert wurden, genehmigte Friedrich Wilhelm IV. am 1. Januar 1845 zur Ausführung.<ref name="Kitschke206f">Kitschke 2007, S. 206f.</ref>


== Rekonstruktion ==
Die ehemals geteilten Gebäude hinter der Palastfassade wurden zusammengelegt, eine repräsentative Durchfahrt zum Hof geschaffen und die beiden rückwärtigen Seitenflügel zur Wohnnutzung angebaut. Nach Persius’ plötzlichem Tod 1845 übernahm zunächst [[Friedrich August Stüler]] die Aufsicht über den Bau. Ab 1847 war der zum Hofbaurat ernannte Ludwig Ferdinand Hesse für die noch ausstehende Gestaltung der reich dekorierten Innenräume verantwortlich. 1851 wurden die Räumlichkeiten den Potsdamer Vereinen zur Nutzung übergeben. Zur Anlage eines vom König gewünschten Promenadenwegs am Havelufer kam es nicht, da die Eigentümer der benachbarten Grundstücke hohe Preisforderungen stellten. Ein von Friedrich Wilhelm IV. erdachter Abschluss des zum Fluss hin offenen Hofes durch eine Arkadenhalle unterblieb ebenso aus finanziellen Gründen, auch wenn der König die Kostenübernahme für den Bau auch zu einem späteren Zeitpunkt garantierte.<ref>Mielke 1998, S. 157.</ref>
Im Zusammenhang mit der Neugestaltung des alten Potsdamer Stadtzentrums und der Neuerrichtung des Stadtschlosses als Sitz des Brandenburger Landtages wurde auch die ehemalige Humboldtstraße wieder bebaut und der Alte Markt nach Süden geschlossen. Der Palast Barberini war hierbei als „Leitbau“ zur am Original orientierten Wiederherstellung vorgesehen, auch wenn sich in unmittelbarer Nachbarschaft mit Rathaus, [[Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff|Knobelsdorffhaus]] und [[St. Nikolai (Potsdam)|St.-Nikolai-Kirche]] maßstabsbildende Originalsubstanz erhalten hat.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.potsdamer-mitte.de/ |titel=Potsdamer Mitte |werk=potsdamer-mitte.de |abruf=2011-02-13}}</ref>


[[Datei:Le palais Barberini (Potsdam) (37065598495).jpg|mini|Rekonstruierter Palast Barberini, 2017]]
Für die Eigentümer wurde die Investition in den Aus- und Umbau des Palastes Barberini allerdings zum Verlustgeschäft, denn sie beantragten beim König wiederholt Unterstützungsgelder ''„zur Deckung des mehrverwandten Capitals“''.<ref name="Kitschke206f" /> 1877, 1880 und 1891 fanden Eigentümerwechsel statt. 1912 kaufte die Stadt Potsdam das Gebäude und richtete 1916 Büroflächen für die Stadtverwaltung darin ein. In den 1930er Jahren wurde der rechte Seitenflügel als Jugendherberge genutzt; ab 1938 diente auch der linke Flügel diesem Zweck.<ref name="fick202f" />
[[Datei:Museum Barberini (von der Freundschaftsinsel aus).jpg|mini|Gebäuderückansicht, 2016]]
Mit dem Beschluss des brandenburgischen Landtags von 2005, der einem Bürgerentscheid folgte, wurde die Wiedererrichtung des Potsdamer Stadtschlosses am Alten Markt entschieden und zugleich die öffentliche Debatte um die „Wiedergewinnung“ der historischen Mitte Potsdams angestoßen. In Workshops unter der Beteiligung von Fachleuten und Bürgerinitiativen wurde das Integrierte Leitbautenkonzept Potsdamer Mitte entwickelt und am 1.&nbsp;September 2010 von den Stadtverordneten als Vorgabe für den Bieterwettbewerb für den Verkauf städtischer Grundstücke an Havelufer und Alter Fahrt beschlossen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.potsdamermitte.de/potsdamer-mitte/index.php?id=32 |titel=Integriertes Leitbautenkonzept Potsdamer Mitte |datum=2010-03-20 |abruf=2015-11-09}}</ref> Den Zuschlag für den Palast Barberini erhielt der Berliner Unternehmer Abris Lelbach, der mit der Hasso-Plattner-Förderstiftung als Partnerin mit dem Leitbau auf dem Grundstück Humboldtstraße&nbsp;5/6 ein Museum für die Kunstsammlung [[Hasso Plattner]]s errichtet. Als Architekt des Museumsgebäudes in der Gestalt des rekonstruierten Palast Barberini zeichnet Thomas Albrecht aus dem Büro [[Hilmer & Sattler und Albrecht]] verantwortlich.


Das Leitbautenkonzept schrieb die [[Rekonstruktion (Architektur)|Rekonstruktion]] der Platzfassaden und der Hoffassade des Mittelbaus sowie die Einhaltung der ursprünglichen [[Kubatur]] des Gebäudes vor. Die wiederherzustellenden Fassaden wurden unter Einsatz traditioneller Handwerkstechniken gefertigt. Die [[Elbsandstein]]e für Säulen und Fassadenschmuck stammen wie schon beim Ursprungsbau aus Sachsen (Posta) und Böhmen (Königgrätz). Eine weitere handwerkliche Besonderheit ist die Herstellung der Säulen und Decken in der Eingangshalle aus [[Rabitzputz]], bei dem mit Formlehren der Gipsputz über einem Traggeflecht zu Flächen und Ornamenten ausgezogen wird.
== Zerstörung, Abriss und Wiederaufbau ==


Am 17.&nbsp;April 2015 wurde für das neue Gebäude Richtfest gefeiert.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.maz-online.de/Nachrichten/Kultur/Richtfest-fuer-Barberini-Museum-in-Potsdams-Stadtmitte |titel=Umgestaltung von Potsdams Mitte kommt voran – Richtfest für neues Barberini-Museum |werk=Märkische Allgemeine Zeitung |abruf=2016-04-01}}</ref> Im November 2015 war der Rohbau einschließlich der Fassade fertig; die Fertigstellung des Innenausbaus wurde 2016 abgeschlossen.<ref>{{Internetquelle |autor=Peer Straube |url=http://www.pnn.de/potsdam/1023325/ |titel=Ein Besuch im Palast Barberini: Beethoven aus Stein |werk=Potsdamer Neueste Nachrichten |datum=2015-11-11 |abruf=2016-04-01}}</ref>
[[Datei:Bundesarchiv Bild 170-407, Potsdam, Stadtschloss.jpg|miniatur|hochkant=0.6|Ruine des Palastes Barberini, nach 1945]]
Beim westalliierten [[Luftangriff auf Potsdam]] am 14. April 1945 und den folgenden Artilleriegefechten mit der Roten Armee wurde der Palast Barberini schwer beschädigt und brannte aus. Ein von verschiedenen Seiten geforderter Wiederaufbau erfolgte aufgrund der schweren Schäden nicht; die Ruine wurde 24.3.1948 zusammen mit dem Palsthotel gesprengt.<ref>Persius 2003, S. 236.</ref> Ein um 1952 erstellter Wiederaufbauplan für Potsdam zeigt auf den freigeräumten Grundstücken des Palastes Barberini und der ebenfalls zerstörten Nachbarhäuser einen „Skulpturenhain“, der wohl zur Aufstellung der von den kriegszerstörten Häusern stammenden Bildwerke bestimmt war.<ref>Jung 1999, S. 87.</ref> Dieser Plan blieb unausgeführt, die Fläche diente während der DDR-Zeit trotz verschiedener Pläne zum Bau kultureller Einrichtungen wie Theater oder Stadthalle als Grünanlage und Parkplatz. An der Havel entstand eine Uferpromenade.


== Nutzung ==
Von 1994 bis 2006 befand sich auf dem Grundstück des Palastes Barberini die Interimsspielstätte des [[Hans-Otto-Theater]]s. Im Zusammenhang mit der Neugestaltung des alten Potsdamer Stadtzentrums und der Neuerrichtung des Stadtschlosses als Sitz des Brandenburger Landtages soll auch die ehemalige Humboldtstraße wieder bebaut und der Alte Markt nach Süden geschlossen werden. Der Palast Barberini ist hierbei als „Leitbau“ zur am Original orientierten Wiederherstellung vorgesehen, auch wenn sich in unmittelbarer Nachbarschaft mit Rathaus, [[Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff|Knobelsdorffhaus]] und [[St. Nikolai (Potsdam)|St.-Nikolai-Kirche]] maßstabsbildende Originalsubstanz erhalten hat.<ref>{{Internetquelle|titel=POTSDAMER MITTE|url=http://www.potsdamer-mitte.de/|werk=potsdamer-mitte.de|zugriff=13. Februar 2011}}</ref>
=== 19. und 20. Jahrhundert ===
[[Datei:Palast Barberini floorplan 1850.jpg|mini|Rudolf Hesse (?): Grundriss des Erdgeschosses, um 1850]]
[[Datei:Palast Barberini Interior 1850.jpg|mini|Ludwig Ferdinand Hesse: Dekoration der beiden Säle, 1850]]
Ab 1845 wurde der Palast Barberini im Auftrag König [[Friedrich Wilhelm IV.|Friedrich Wilhelms&nbsp;IV.]] durchgreifend umgebaut. Der König verfolgte bereits seit 1843 Pläne, das Havelufer durch die Umgestaltung der unansehnlichen Gebäuderückseiten in seine Verschönerungspläne für Potsdam einzubeziehen. Er kaufte zu diesem Zweck das Haus allerdings nicht selbst, sondern unterstützte die ebenfalls am Erwerb interessierten Potsdamer Maurermeister Christian Heinrich Zech (1798–1858) und Adolph Wilhelm Hecker (1805–1870) mit 80.000 Talern. Sie erstanden das Gebäude für 27.300 Taler und nahmen mit dem übrigen Geld die umfangreichen Umbauten vor. Dabei verpflichteten sich die Eigentümer, dem „Kunst- und Wissenschaftlichen Verein“ Räume im umgestalteten Vorderhaus unentgeltlich auf „ewige Zeiten“ zur Nutzung zu überlassen. Die von Ludwig Persius 1844 ausgearbeiteten Pläne, die vom König mehrfach geändert wurden, genehmigte Friedrich Wilhelm&nbsp;IV. am 1. Januar 1845 zur Ausführung.<ref name="Kitschke206f">Kitschke 2007, S. 206f.</ref>


Die ehemals geteilten Gebäude hinter der Palastfassade wurden zusammengelegt, eine von Treppen flankierte repräsentative Durchfahrt zum Hof geschaffen, je ein Saal mit Nebenräumen im zweiten und dritten Geschoss angelegt und die beiden rückwärtigen Seitenflügel zur Wohnnutzung angebaut. Nach Persius’ plötzlichem Tod 1845 übernahm zunächst [[Friedrich August Stüler]] die Aufsicht über den Bau. Ab 1847 war der zum Hofbaurat ernannte Ludwig Ferdinand Hesse für die noch ausstehende Gestaltung der reich dekorierten Innenräume verantwortlich. 1851 wurden die Räumlichkeiten den Potsdamer Vereinen zur Nutzung übergeben. Zur Anlage eines vom König gewünschten Promenadenwegs am Havelufer kam es nicht, da die Eigentümer der benachbarten Grundstücke hohe Preisforderungen stellten. Ein von Friedrich Wilhelm&nbsp;IV. erdachter Abschluss des zum Fluss hin offenen Hofes durch eine Arkadenhalle unterblieb ebenso aus finanziellen Gründen, auch wenn der König die Kostenübernahme für den Bau auch zu einem späteren Zeitpunkt garantierte.<ref>Mielke 1998, S. 157.</ref>
Der Palast Barberini soll bis November 2016{{Zukunft|2016|11}} an alter Stelle und nach altem Vorbild [[Rekonstruktion (Architektur)|rekonstruiert]] werden und dann als Kunstmuseum die Kunstsammlung von [[Hasso Plattner]] beherbergen.<ref>[http://museum-barberini.com/ ''Homepage des Museums Barberini'']</ref><ref>[http://www.echo-online.de/nachrichten/kunstundkultur/In-Potsdam-lockt-ein-Loch;art1161,4202128 ''In Potsdam lockt ein Loch'']</ref> Der für November 2013 geplante Baubeginn verzögert sich jedoch. Die Grundsteinlegung ist für das Frühjahr 2014 geplant.{{Zukunft|2014|06}}<ref name="MAZ-131014">{{Internetquelle | url=http://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam/Palast-Barberini-online-bewundern | titel=Palast Barberini online bewundern | werk=Märkische Allgemeine | datum=2013-10-14 | zugriff=2014-03-07 }}</ref>


Für die Eigentümer wurde die Investition in den Aus- und Umbau des Palastes Barberini allerdings zum Verlustgeschäft, denn sie beantragten beim König wiederholt Unterstützungsgelder „zur Deckung des mehrverwandten Capitals“.<ref name="Kitschke206f" /> 1877, 1880 und 1891 fanden Eigentümerwechsel statt.
== Nutzung als Museum Barberini ==
1912 kaufte die Stadt Potsdam das Gebäude und richtete 1916 Büroflächen für die Stadtverwaltung darin ein. In den 1930er Jahren wurde der rechte Seitenflügel als Jugendherberge genutzt; ab 1938 diente auch der linke Flügel diesem Zweck.<ref name="fick202f" />


=== 21. Jahrhundert ===
Das Gebäude soll ab Ende 2016{{Zukunft|2016|12}} als Museum Barberini eröffnet und genutzt werden.<ref name="MAZ-140812">{{Internetquelle | url=http://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam/2016-soll-Museum-Barberini-in-Potsdam-fertig-sein | titel=Museum Barberini: Bodenständig statt elitär | werk=Märkische Allgemeine | datum=2014-08-12 | zugriff=2014-09-08 }}</ref>
{{Anker|Museum Barberini}}
{{Hauptartikel|Museum Barberini}}
Seit seiner Rekonstruktion im Jahre 2017 beherbergt das Haus das [[Museum Barberini]]. Neben wechselnden Sonderausstellungen mit dem Schwerpunkt [[Impressionismus]] stellt dieses dauerhaft eine Sammlung von Kunst der [[Deutsche Demokratische Republik|Deutschen Demokratischen Republik]] und Kunst nach [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|1989]] aus.

Die gemeinnützige Organisation ''Stadtbild Deutschland'' verlieh dem Wiederaufbau des Palastes Barberini als Kunstgalerie den Titel „Gebäude des Jahres 2016“.<ref>[http://www.tagesspiegel.de/berlin/brandenburg-palais-barberini-in-potsdam-ist-gebaeude-des-jahres/19229132.html Palais Barberini in Potsdam ist "Gebäude des Jahres"], [[Der Tagesspiegel]], 10.&nbsp;Januar 2016</ref><ref>[http://stadtbild-deutschland.org/website/pressemitteilungen/ Pressemitteilungen von Stadtbild Deutschland e.&nbsp;V.]</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Astrid Fick: ''Potsdam – Berlin – Bayreuth. Carl Philipp Christian von Gontard (1731–1791) und seine bürgerlichen Wohnhäuser, Immediatbauten und Stadtpalais.'' Imhof, Petersberg 2000, ISBN 3-932526-42-2.

* Heinrich Ludwig Manger: ''Heinrich Ludewig Manger’s Baugeschichte von Potsdam, besonders unter der Regierung König Friedrichs des Zweiten.'' Zweiter Band. Berlin und Stettin 1789; {{archive.org|heinrichludewigm00mang |Blatt=}}. Reprint Leipzig 1987.
* Astrid Fick: ''Potsdam – Berlin – Bayreuth. Carl Philipp Christian von Gontard (1731–1791) und seine bürgerlichen Wohnhäuser, Immediatbauten und Stadtpalais''. Imhof, Petersberg 2000, ISBN 3-932526-42-2.
* Friedrich Mielke: ''Das Bürgerhaus in Potsdam.'' Tübingen 1972, ISBN 3-8030-0017-3 und ISBN 3-8030-0016-5.
* Heinrich Ludwig Manger: ''Heinrich Ludewig Manger’s Baugeschichte von Potsdam, besonders unter der Regierung König Friedrichs des Zweiten''. Zweiter Band, Berlin und Stettin 1789, Reprint Leipzig 1987.
* Friedrich Mielke: ''Das Bürgerhaus in Potsdam''. Tübingen 1972, ISBN 3-8030-0017-3 und ISBN 3-8030-0016-5.
* Friedrich Mielke: ''Potsdamer Baukunst.'' Berlin 1998, ISBN 3-549-05668-0.
* ''Ludwig Persius – Architekt des Königs, Baukunst unter Friedrich Wilhelm IV.'' Hrsg. von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Potsdam 2003, ISBN 978-3-7954-1586-0.
* Friedrich Mielke: ''Potsdamer Baukunst''. Berlin 1998, ISBN 3-549-05668-0.
* [[Andreas Kitschke]] (Hrsg.): ''Ludwig Ferdinand Hesse (1795–1876). Hofarchitekt unter drei preußischen Königen.'' 1. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München 2007, ISBN 978-3-422-06611-3.
* ''Ludwig Persius – Architekt des Königs, Baukunst unter Friedrich Wilhelm IV.'' Hrsg. von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Potsdam 2003, ISBN 978-3795415860.
* Karin Carmen Jung: ''Potsdam. Am Neuen Markt.'' Ereignisgeschichte, Städtebau, Architektur. Gebrüder Mann, Berlin 1999, ISBN 3-7861-2307-1.
* [[Andreas Kitschke]] (Hrsg.): ''Ludwig Ferdinand Hesse (1795–1876). Hofarchitekt unter drei preußischen Königen''. 1. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München 2007, ISBN 3-422-06611-X und ISBN 978-3-422-06611-3.
* Karin Carmen Jung: ''Potsdam. Am Neuen Markt''. Berlin 1999, ISBN 3-7861-2307-1.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Palast Barberini (Potsdam)|Palast Barberini}}

* [https://www.museum-barberini.com/museum-barberini/ ''Museum Barberini'']
{{Commonscat|Palast Barberini (Potsdam)}}
* [http://www.potsdamermitte.de/index.php?id=42 Webseite zum Entwicklungskonzept Potsdamer Mitte] mit Havelufer und Alter Fahrt
* [https://storyofpotsdam.wordpress.com/2017/05/05/ich-bin-eines-buergers-haus-palais-barberini/ Umfangreicher Artikel zur Baugeschichte des Potsdamer Palastes Barberini]
* [https://brandenburg.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=3271 Foto des Palastes Barberini, Wasserseite von 1934.] museum-digital: brandenburg:
* [https://nat.museum-digital.de/index.php?t=serie&serges=9796 Zeichnungen und Fotos des Palastes Barberini, Wasserseite 1936]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
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{{SORTIERUNG:Potsdam, Barberini}}
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[[Kategorie:Abgegangenes Bauwerk in Brandenburg]]
[[Kategorie:Rekonstruiertes Bauwerk in Potsdam|Palast Barberini]]
[[Kategorie:Alter Markt (Potsdam)|Palast Barberini]]
[[Kategorie:Barberini]]
[[Kategorie:Erbaut in den 1770er Jahren]]
[[Kategorie:Zerstört in den 1940er Jahren]]
[[Kategorie:Zerstört im Zweiten Weltkrieg]]

Aktuelle Version vom 16. Februar 2022, 19:47 Uhr

Der Palast Barberini, in jüngerer Zeit auch Palais Barberini genannt, war ein unter dem preußischen König Friedrich II. nach Entwürfen Carl von Gontards 1771 bis 1772 errichtetes klassizistisch-barockes Bürgerhaus in der Humboldtstraße 5/6 in Potsdam. Seine Hauptfassade ist zum Alten Markt mit dem Potsdamer Stadtschloss und der Nikolaikirche gerichtet.

Seinen Namen erhielt das Gebäude nach dem vom König zum Vorbild bestimmten Palazzo Barberini in Rom. Die Potsdamer Nachschöpfung der italienischen Vorlage bildete den monumentalen südöstlichen Abschluss des Alten Marktes und gehörte zusammen mit dem ebenfalls von Gontard entworfenen benachbarten Noackschen Haus Humboldtstraße 4 zu den letzten unter Friedrich II. entstandenen Bauten rund um die Platzanlage. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Palaisbau nach Entwürfen von Ludwig Persius und Ludwig Ferdinand Hesse um zwei rückseitige, zur Havel gerichtete Seitenflügel erweitert und als Stätte des Potsdamer Kultur- und Vereinslebens genutzt.

Beim Luftangriff am 14. April 1945 wurde der Palast Barberini weitgehend zerstört und die Ruine in der SBZ-Zeit abgerissen. Danach wurde das Grundstück lange als Grünfläche und Parkplatz genutzt. Im Zuge der Umgestaltung der Potsdamer Mitte mit dem Wiederaufbau des Stadtschlosses als Landtagsneubau und weiterer Gebäude in der Nachbarschaft erfolgte nach Spenden durch den Unternehmer Hasso Plattner von 2013 bis Ende 2016 eine äußerlich weitgehend am Original orientierte Wiedererrichtung des Palastes Barberini zur Nutzung als Kunsthaus Museum Barberini.

Der Palast Barberini auf einer Fotografie von Ernst Eichgrün, 1907

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausschnitt eines Plans von Potsdam von Heinrich Berghaus (um 1850): Rot markiert der Palast Barberini

Das Grundstück des Palastes Barberini gehörte zum mittelalterlichen Siedlungskern der Stadt Potsdam im Umfeld des Havelübergangs und der am späteren Standort des Schlosses befindlichen Burganlage.[1] Die Stadtansichten des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts zeigen die dichte Bebauung dieses Gebiets.[2] Nähere Details zu den sicher vorhandenen Vorgängerbauten sind nicht bekannt.

Das Gebäude stand auf der Südseite des Alten Marktes innerhalb des geschlossenen Straßenzuges der Humboldtstraße, der sich östlich der Platzanlage mit der Brauerstraße fortsetzte. Alte Karten zeigen die vom stadtseitigen Ende der Langen Brücke in nordöstlicher Richtung zum Alten Markt verlaufende Straßenführung, die nach dem Abriss der Stadtschlossruine 1960 und der Bebauung auf der Südseite verschwand. Das nunmehr in den Komplex des Alten Rathauses einbezogene so genannte Knobelsdorffhaus mit der ehemaligen Adresse Brauerstraße 10 gibt heute die Ecke dieses ansonsten ebenfalls verlorenen Straßenzuges und des Alten Marktes an.

Die nordwestliche Begrenzung der auf Plänen des 18. Jahrhunderts als Schloss-Straße oder Schloss-Gasse[3] bezeichneten Straße bildete ein Seitenflügel des Stadtschlosses, während die Bebauung mit Bürgerhäusern im Südosten mit ihren wirtschaftlich genutzten Seitenflügeln den Raum bis zur Havel einnahm. In Mangers Baugeschichte von Potsdam wird die Lage mit den Worten „am alten Markte unweit des Schlosses“[4] beschrieben. Im Zuge der nach 1806 erfolgten Einführung von Hausnummern in Potsdam erhielten die Häuser die Adresse „Am Schloss 5/6“, ab 1874 dann Humboldtstraße 5/6.[5]

Benennung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Palast Barberini war das einzige in Potsdam nach fremder Vorlage errichtete Gebäude, das nicht nur kunsthistorisch gebildeten Kreisen, sondern auch dem breiten Publikum unter dem Namen seines Vorbildes geläufig war. Während eine 1754 an der Ecke Schlossstraße/Hohewegstraße errichtete Kopie des von Andrea Palladio entworfenen Palazzo Valmarana in Vicenza der Allgemeinheit als Plögerscher Gasthof oder Kommandantur bekannt war und die in der Breiten Straße befindliche Nachschöpfung eines Entwurfs von Inigo Jones für Whitehall Palace nach den Erstbesitzern Hiller-Brandtsche Häuser genannt wurde, blieb die Bezeichnung Palast Barberini bei den Potsdamer Einwohnern lebendig und war auch auf verschiedenen Stadtplänen so eingetragen. Eine Rolle mochte dabei eine Vermischung mit dem Namen der berühmten Tänzerin Barberina gespielt haben, die von Friedrich II. verehrt wurde und von 1744 bis 1749 an der Königlichen Oper in Berlin engagiert war. Zu dem Potsdamer Bauwerk gab es allerdings keine Verbindung. Die Bezeichnung Palais Barberini findet sich erst in Presseerzeugnissen und Veröffentlichungen jüngeren Datums, nicht aber in der stadtgeschichtlichen und kunsthistorischen Literatur über Potsdam.

Palast als königlicher Städtebau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Foto des Alten Marktes in südlicher Richtung um 1930: links im Hintergrund der Palast Barberini, rechts das Potsdamer Stadtschloss mit dem Fortunaportal

Unter König Friedrich Wilhelm I. wurden weite Teile der Altstadt erneuert und mit schlichten Fachwerk- oder Massivbauten versehen. Sein Sohn Friedrich II. ließ diese Gebäude ab 1748 nach und nach durch prächtigere Häuser ersetzen. Dies geschah ausgehend vom Stadtschloss und ausschließlich nach aus dem Blickwinkel des Königs entwickelten Vorgaben und oftmals nach ausländischen Vorbildern, die von Friedrich II. ausgewählt wurden.[6] Dabei war es zweitrangig, ob die vom König aus der Literatur ausgewählten Vorlagen am Originalstandort auch realisiert worden waren.

Einen Schwerpunkt bildeten Bauten der italienischen Renaissance und des Manierismus, aber auch englische und französische Bauten wurden für die Potsdamer Verhältnisse adaptiert. Da diese Vorbilder ursprünglich für völlig andere Zwecke und Bewohnerschichten geplant worden waren, zeigten sich immer wieder eklatante Widersprüche zwischen den Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten der bürgerlichen Nutzer und dem königlichen Repräsentationswillen, zumal der König auch noch zur größtmöglichen Sparsamkeit drängte: „Wenn doch große Herren, besonders solche, die außer ihrem Vergnügen zugleich zum Besten ihrer Unterthanen bauen, nicht so sehr auf armselige Ersparungen sehen wollten! wie groß würde in der Folge der Vortheil für dieselben sein! besonders in Potsdam, wo für arme Bürger Palläste erbauet werden, deren Unterhalt öfters mehr beträgt, als der ganze Nutzen der Vermiethung und des Erwerbes.“[7]

Als 1771 bis 1772 der Palast Barberini erbaut wurde, war die Umgestaltung der übrigen Platzfronten des Alten Marktes lange abgeschlossen und die Erneuerung weiter entfernter Stadtviertel bereits im Gange.[8] Lediglich das südwestlich anschließende Haus Humboldtstraße 4 wurde erst 1777 neu gebaut.[9] Das nach dem Vorbild des von Michele Sanmicheli um 1530 entworfenen Palazzo Pompei in Verona errichtete Haus Humboldtstraße 3 entstand bereits 1754, ebenso die in nordöstlicher Richtung anschließende Häuserzeile der Brauerstraße 1–6.[10]

Friedrich Mielke vermutet, dass der König über keine adäquate Vorlage verfügte, die der städtebaulich exponierten Lage entsprochen hätte. Außerdem kam durch den Siebenjährigen Krieg (1756–1763) das Baugeschehen in Potsdam weitestgehend zum Erliegen.[11] Darüber hinaus mag es eine Rolle gespielt haben, dass die oben genannten Nachbarbauten vom Schloss aus eher überblickt werden konnten: Das Haus Humboldtstraße 3 lag gegenüber einer Durchfahrt zum Schlosshof, während die Häuserzeile Brauerstraße 1–6 vom Fortunaportal aus eher einzusehen war als die eigentliche Südseite des Marktes.[6]

Nach den Kriegszerstörungen und Abrissen in der Folgezeit haben sich in Potsdam lediglich das Alte Rathaus von 1753 sowie das benachbarte Haus Brauerstraße 10 und die 1769 nach Plänen Georg Christian Ungers errichteten Hiller-Brandtschen Häuser in der Breiten Straße als Beispiele der Nachahmung ausländischer Vorbilder erhalten. Der Palast Barberini stand zeitlich am Ende der Epoche kopierter Palastfassaden. In den 1770er und 1780er Jahren kam es in Potsdam mit den Arbeiten Ungers, Andreas Ludwig Krügers, Johann Gottlob Schulzes und anderer zu einer eigenständigen Entwicklung spätbarocker Bürgerhäuser, die in Aussehen und Funktion den Anforderungen der Nutzer entsprachen.[12]

Entwurf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Vorstellung der West-Seite der Brauer Straße in Potsdam“, Radierung von Andreas Ludwig Krüger, 1779. Links der Palast Barberini, rechts das 1777 erbaute Haus Humboldtstraße 4

Der Entwurf des vom Zimmermeister Naumann und dem Gastwirt Berkholz[13] bewohnten Hauses wird Carl von Gontard zugeschrieben, wobei auch eine Mitarbeit Georg Christian Ungers in Erwägung gezogen wird. Als Vorbild diente den Architekten der ab 1625 erbaute Palazzo Barberini in Rom, der nach Entwürfen von Carlo Maderno, Gianlorenzo Bernini und Francesco Borromini entstanden war und den Gontard höchstwahrscheinlich aus eigener Anschauung kannte.[14] Mielke führt weiterhin Parallelen zu einer Abbildung in Paul Deckers Vorlagenwerk Fürstlicher Baumeister… vom Anfang des 18. Jahrhunderts an, die unter dem Einfluss des römischen Baus entstand und die Friedrich II. aus seiner Bibliothek bekannt war.[15]

Baubeschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Palast Barberini handelte es sich um zwei hinter einer einheitlichen Fassade zusammengefasste dreigeschossige Bürgerhäuser, die auf königliche Kosten anstelle schlichterer Vorgängerbauten errichtet worden sind, um dem Alten Markt das vom König gewünschte repräsentative Aussehen[16] zu geben. Die Fassade verfügte über dreizehn Fensterachsen, von denen die mittleren fünf einen weit vorspringenden Risalit bildeten, der sich durch seine Architektur deutlich von den jeweils vierachsigen, in der Straßenflucht liegenden Seitenflügeln unterschied.

Der Mittelrisalit war durch eine geschossweise vorgelegte Gliederung aus toskanischen, ionischen und korinthischen Säulenordnungen akzentuiert. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss waren diese als Dreiviertelsäulen ausgebildet. Das zweite Obergeschoss erhielt dagegen eine Gliederung durch Pilaster, wobei diese noch durch jeweils zwei hinterschoben erscheinende halbe Pilaster begleitet wurden. In den Rücklagen der Obergeschosse erschienen große Rundbogenfenster, während das Erdgeschoss des Risalits in Bogenstellungen geöffnet war. Das Mittelfenster des ersten Obergeschosses erhielt einen Altan mit Balusterbrüstung auf zwei vor der Fassade stehenden Vollsäulen.

Die jeweils vierachsigen Seitenflügel nahmen die Gliederung des Risalits in vereinfachter Form auf. Hier erfolgte diese im Erd- und ersten Obergeschoss durch flache Lisenen, während im zweiten Obergeschoss die glatte Wandfläche dominierte. Zusätzlich zu den drei Hauptgeschossen verfügten die unteren beiden Etagen in den Seitenflügeln noch über jeweils ein niedriges Mezzaningeschoss, das sich in gerahmten querrechteckigen Fenstern zur Straße öffnete. Die Fenster der Hauptgeschosse hatten im Erdgeschoss gerade, in den Obergeschossen abwechselnd angeordnete dreieckige und segmentbogige Verdachungen. Den oberen Abschluss bildete eine Attika, die im Risalit mit Balustern versehen und mit Vasen bekrönt war. Durch die Attika wurde das flache Satteldach des Hauses weitgehend verdeckt.

Foto des Havelufers in nördlicher Richtung um 1930: Die Seitenflügel auf der Rückseite des Palastes Barberini, dahinter die Kirche St. Nikolai und das Alte Rathaus

Die zur Havel gelegene Rückseite der Bürgerhäuser war zur Zeit ihrer Errichtung schlicht ausgebildet und nicht durch eine besondere Architektursprache hervorgehoben, da sich hier lediglich untergeordneten Zwecken dienende Wirtschaftsgebäude befanden. Die beiden im 19. Jahrhundert im Zuge der Umnutzung der Gebäude rückseitig angebauten langen Seitenflügel von jeweils zwölf zu drei Achsen folgten in ihrer Geschossteilung und Formensprache den straßenseitigen Flügeln. Allerdings wurde hier auf die Ausbildung einer Attika verzichtet. Unter dem flachen abgewalmten Dach war eine Gesimszone mit kleinen Öffnungen zum Dachboden angeordnet. Über Fensterverdachungen verfügten hier lediglich die drei Achsen der Längsseiten an den havelseitigen Enden sowie die Stirnseiten der Flügel, so dass der Eindruck von Kopfbauten entstand. Die Rückseite des Mittelbaus erhielt eine dem straßenseitigen Mittelrisalit entsprechende repräsentative Fassadengliederung.

Über die Aufteilung der Innenräume zur Erbauungszeit des Hauptbaus 1771 bis 1772 ist mangels erhaltener Unterlagen nichts bekannt.[17] Beim Um- und Erweiterungsbau zwischen 1845 und 1849 wurden die vorher im Hauptbau untergebrachten Wohnungen in die neuen Seitenflügel verlegt, im Erdgeschoss des Mittelbaus eine den gestiegenen Repräsentationsanforderungen entsprechende Durchfahrt mit Säulenstellungen geschaffen und in dessen Obergeschossen mehrere reich verzierte Säle eingebaut.[18] Der havelseitige Hof zwischen den Seitenflügeln war gärtnerisch gestaltet. Eine breite Freitreppe führte von hier an das Flussufer. Die auf der Grundrisszeichnung des 19. Jahrhunderts erkennbaren L-förmigen Nebengebäude, welche symmetrisch in der Verlängerung der Seitenflügel angeordnet waren und Ställe und Toiletten enthielten, sind später durch Pergolen ersetzt worden.

Ausführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Zeit der Errichtung des Palasts Barberini war es in Potsdam üblich, dass die von den königlichen Umgestaltungsmaßnahmen betroffenen Bewohner im Frühjahr ihre alten Häuser verließen und den Neubau im Herbst beziehen konnten. Der 1771 begonnene Bau dagegen zog sich aufgrund der Größe des Vorhabens bis in das Jahr 1772 hin. Zudem berichtet Manger, dass die beiden hinter der monumentalen Fassade befindlichen Häuser von unterschiedlichen Werkmeistern ausgeführt worden sind, wobei es an einem Teil wegen nachlässiger Arbeit während der Bauzeit zu einem Einsturz kam, bei dem „etliche [Arbeiter] auf der Stelle todt blieben“. Der König habe ungnädig auf den Fall reagiert, „und doch ging seine Milde so weit, daß er nicht eher wieder in diese Gegend kam, bis alles in fertigen Stand gesetzt war, damit er alsdenn seine Zufriedenheit über die Ausführung bezeugen konnte“.[19]

Vorbild Palazzo Barberini (Rom)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rom, Palazzo Barberini, Radierung von Giovanni Battista Piranesi, um 1748

Das vom König ausgewählte Vorbild ist ein monumentaler Barockpalast, der im Gegensatz zu anderen Beispielen der römischen Palastarchitektur frei auf einem großen Grundstück steht und nicht in einen Straßenzug oder in eine Karreestruktur eingebunden ist. Daher wurde hier der Mittelbau von zwei vorspringenden Seitenflügeln eingefasst, die einen Ehrenhof bilden. In Potsdam wurden stattdessen die Seitenflügel zurückgesetzt, um den hier fünf- statt siebenachsigen Mittelrisalit im Straßenraum der Humboldt- und Brauerstraße als Blickpunkt wirken zu lassen. Außerdem hätte die Ausbildung einer Ehrenhofsituation die ohnehin unregelmäßige Platzfigur des Alten Marktes weiter verunklärt und auch nicht Potsdamer Baugepflogenheiten entsprochen.[14]

Der Palazzo Barberini in Rom besitzt keine Mezzaningeschosse. Diese wurden in Potsdam eingefügt, um das für Bürgerhäuser überdimensionierte Bauvolumen ausnutzen zu können, aber auch, um die Heizkosten der großzügig bemessenen Räume zu senken. Allerdings resultierten aus den niedrigen Zwischengeschossen der nach fremden Vorlagen erbauten Potsdamer Bürgerhäuser oftmals auch sehr unzureichende Wohnbedingungen.[20]

In Potsdam wurde das Dach durch eine Attika verdeckt, während es beim Palazzo Barberini in Rom direkt über dem Hauptgesims ansetzt und noch über Aufbauten verfügt. Schließlich wurde bei der Potsdamer Nachschöpfung auf eine architektonische Gestaltung der Rückseite verzichtet, die beim Vorbild als malerische asymmetrische Gartenfront ausgebildet ist.

Die Nennung des römischen Vorbilds erfolgte nicht immer korrekt. Friedrich Nicolai beschreibt 1786 das „Schulzische und Dieckowsche Haus, eine Nachahmung des Palazzo Borghese zu Rom“,[21] wobei er mit der namentlichen Erwähnung der Bewohner zugleich einen frühen Eigentümerwechsel dokumentiert. Manger wiederholt bei der Beschreibung des Baus die Angaben Nicolais. Erst bei der Abhandlung des benachbarten Hauses Humboldtstraße 4 erscheint in Mangers Baugeschichte die Bezeichnung „Palast Barberini“. Die straßenseitigen Seitenflügel wurden seitdem wiederholt mit dem Palazzo Borghese in Verbindung gebracht. Allerdings schreibt Andreas Ludwig Krüger bereits 1779, dass Unger nach dem Vorbild des Palazzo Barberini gezeichnet habe und die seitlichen Flügel „dazu komponirt“ seien, so dass der namengebende Palazzo als einziges Vorbild erscheint.[14] Die Architektur der Seitenflügel und insbesondere die Anordnung der Zwischengeschosse orientieren sich allerdings stark am Palazzo Borghese, so dass auch eine Kompilation beider römischer Bauten vorliegen könnte.

Der Palast Barberini lehnte sich in seiner Gestaltung zwar eng an ein knapp 150 Jahre zuvor entstandenes römisches Vorbild an, fügte sich aber dennoch in die Potsdamer Bürgerhausarchitektur und das nach italienischen Vorlagen gestaltete Ensemble des Alten Marktes ein. Das kann zum einen mit der eher klassizistischen Grundhaltung des römischen Palazzo, die auf spektakuläre Schwünge und dramatische Kontraste verzichtet, zum anderen mit der nahezu ausschließlich tektonischen statt dekorativen Gliederung des Baukörpers erklärt werden.

Zerstörung und Abriss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ruine des Palastes Barberini, nach 1945

Beim westalliierten Luftangriff auf Potsdam am 14. April 1945 und den folgenden Artilleriegefechten mit der Roten Armee wurde der Palast Barberini schwer beschädigt und brannte aus. Ein von verschiedenen Seiten geforderter Wiederaufbau erfolgte aufgrund der schweren Schäden nicht; die Ruine wurde am 24. März 1948 zusammen mit dem Palasthotel gesprengt.[22] Der unausgeführte Wiederaufbauplan für Potsdam von 1952 zeigt auf den freigeräumten Grundstücken des Palastes Barberini und der ebenfalls zerstörten Nachbarhäuser einen „Skulpturenhain“, der wohl zur Aufstellung der von den kriegszerstörten Häusern stammenden Bildwerke bestimmt war.[23] Während der DDR-Zeit diente die Fläche trotz verschiedener Pläne zum Bau kultureller Einrichtungen wie Theater oder Stadthalle als Grünanlage und Parkplatz. An der Havel entstand eine Uferpromenade.

Von 1994 bis 2006 befand sich auf dem Grundstück des Palastes Barberini die Interimsspielstätte des Hans-Otto-Theaters.

Rekonstruktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zusammenhang mit der Neugestaltung des alten Potsdamer Stadtzentrums und der Neuerrichtung des Stadtschlosses als Sitz des Brandenburger Landtages wurde auch die ehemalige Humboldtstraße wieder bebaut und der Alte Markt nach Süden geschlossen. Der Palast Barberini war hierbei als „Leitbau“ zur am Original orientierten Wiederherstellung vorgesehen, auch wenn sich in unmittelbarer Nachbarschaft mit Rathaus, Knobelsdorffhaus und St.-Nikolai-Kirche maßstabsbildende Originalsubstanz erhalten hat.[24]

Rekonstruierter Palast Barberini, 2017
Gebäuderückansicht, 2016

Mit dem Beschluss des brandenburgischen Landtags von 2005, der einem Bürgerentscheid folgte, wurde die Wiedererrichtung des Potsdamer Stadtschlosses am Alten Markt entschieden und zugleich die öffentliche Debatte um die „Wiedergewinnung“ der historischen Mitte Potsdams angestoßen. In Workshops unter der Beteiligung von Fachleuten und Bürgerinitiativen wurde das Integrierte Leitbautenkonzept Potsdamer Mitte entwickelt und am 1. September 2010 von den Stadtverordneten als Vorgabe für den Bieterwettbewerb für den Verkauf städtischer Grundstücke an Havelufer und Alter Fahrt beschlossen.[25] Den Zuschlag für den Palast Barberini erhielt der Berliner Unternehmer Abris Lelbach, der mit der Hasso-Plattner-Förderstiftung als Partnerin mit dem Leitbau auf dem Grundstück Humboldtstraße 5/6 ein Museum für die Kunstsammlung Hasso Plattners errichtet. Als Architekt des Museumsgebäudes in der Gestalt des rekonstruierten Palast Barberini zeichnet Thomas Albrecht aus dem Büro Hilmer & Sattler und Albrecht verantwortlich.

Das Leitbautenkonzept schrieb die Rekonstruktion der Platzfassaden und der Hoffassade des Mittelbaus sowie die Einhaltung der ursprünglichen Kubatur des Gebäudes vor. Die wiederherzustellenden Fassaden wurden unter Einsatz traditioneller Handwerkstechniken gefertigt. Die Elbsandsteine für Säulen und Fassadenschmuck stammen wie schon beim Ursprungsbau aus Sachsen (Posta) und Böhmen (Königgrätz). Eine weitere handwerkliche Besonderheit ist die Herstellung der Säulen und Decken in der Eingangshalle aus Rabitzputz, bei dem mit Formlehren der Gipsputz über einem Traggeflecht zu Flächen und Ornamenten ausgezogen wird.

Am 17. April 2015 wurde für das neue Gebäude Richtfest gefeiert.[26] Im November 2015 war der Rohbau einschließlich der Fassade fertig; die Fertigstellung des Innenausbaus wurde 2016 abgeschlossen.[27]

Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

19. und 20. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rudolf Hesse (?): Grundriss des Erdgeschosses, um 1850
Ludwig Ferdinand Hesse: Dekoration der beiden Säle, 1850

Ab 1845 wurde der Palast Barberini im Auftrag König Friedrich Wilhelms IV. durchgreifend umgebaut. Der König verfolgte bereits seit 1843 Pläne, das Havelufer durch die Umgestaltung der unansehnlichen Gebäuderückseiten in seine Verschönerungspläne für Potsdam einzubeziehen. Er kaufte zu diesem Zweck das Haus allerdings nicht selbst, sondern unterstützte die ebenfalls am Erwerb interessierten Potsdamer Maurermeister Christian Heinrich Zech (1798–1858) und Adolph Wilhelm Hecker (1805–1870) mit 80.000 Talern. Sie erstanden das Gebäude für 27.300 Taler und nahmen mit dem übrigen Geld die umfangreichen Umbauten vor. Dabei verpflichteten sich die Eigentümer, dem „Kunst- und Wissenschaftlichen Verein“ Räume im umgestalteten Vorderhaus unentgeltlich auf „ewige Zeiten“ zur Nutzung zu überlassen. Die von Ludwig Persius 1844 ausgearbeiteten Pläne, die vom König mehrfach geändert wurden, genehmigte Friedrich Wilhelm IV. am 1. Januar 1845 zur Ausführung.[28]

Die ehemals geteilten Gebäude hinter der Palastfassade wurden zusammengelegt, eine von Treppen flankierte repräsentative Durchfahrt zum Hof geschaffen, je ein Saal mit Nebenräumen im zweiten und dritten Geschoss angelegt und die beiden rückwärtigen Seitenflügel zur Wohnnutzung angebaut. Nach Persius’ plötzlichem Tod 1845 übernahm zunächst Friedrich August Stüler die Aufsicht über den Bau. Ab 1847 war der zum Hofbaurat ernannte Ludwig Ferdinand Hesse für die noch ausstehende Gestaltung der reich dekorierten Innenräume verantwortlich. 1851 wurden die Räumlichkeiten den Potsdamer Vereinen zur Nutzung übergeben. Zur Anlage eines vom König gewünschten Promenadenwegs am Havelufer kam es nicht, da die Eigentümer der benachbarten Grundstücke hohe Preisforderungen stellten. Ein von Friedrich Wilhelm IV. erdachter Abschluss des zum Fluss hin offenen Hofes durch eine Arkadenhalle unterblieb ebenso aus finanziellen Gründen, auch wenn der König die Kostenübernahme für den Bau auch zu einem späteren Zeitpunkt garantierte.[29]

Für die Eigentümer wurde die Investition in den Aus- und Umbau des Palastes Barberini allerdings zum Verlustgeschäft, denn sie beantragten beim König wiederholt Unterstützungsgelder „zur Deckung des mehrverwandten Capitals“.[28] 1877, 1880 und 1891 fanden Eigentümerwechsel statt. 1912 kaufte die Stadt Potsdam das Gebäude und richtete 1916 Büroflächen für die Stadtverwaltung darin ein. In den 1930er Jahren wurde der rechte Seitenflügel als Jugendherberge genutzt; ab 1938 diente auch der linke Flügel diesem Zweck.[14]

21. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit seiner Rekonstruktion im Jahre 2017 beherbergt das Haus das Museum Barberini. Neben wechselnden Sonderausstellungen mit dem Schwerpunkt Impressionismus stellt dieses dauerhaft eine Sammlung von Kunst der Deutschen Demokratischen Republik und Kunst nach 1989 aus.

Die gemeinnützige Organisation Stadtbild Deutschland verlieh dem Wiederaufbau des Palastes Barberini als Kunstgalerie den Titel „Gebäude des Jahres 2016“.[30][31]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Astrid Fick: Potsdam – Berlin – Bayreuth. Carl Philipp Christian von Gontard (1731–1791) und seine bürgerlichen Wohnhäuser, Immediatbauten und Stadtpalais. Imhof, Petersberg 2000, ISBN 3-932526-42-2.
  • Heinrich Ludwig Manger: Heinrich Ludewig Manger’s Baugeschichte von Potsdam, besonders unter der Regierung König Friedrichs des Zweiten. Zweiter Band. Berlin und Stettin 1789; archive.org. Reprint Leipzig 1987.
  • Friedrich Mielke: Das Bürgerhaus in Potsdam. Tübingen 1972, ISBN 3-8030-0017-3 und ISBN 3-8030-0016-5.
  • Friedrich Mielke: Potsdamer Baukunst. Berlin 1998, ISBN 3-549-05668-0.
  • Ludwig Persius – Architekt des Königs, Baukunst unter Friedrich Wilhelm IV. Hrsg. von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Potsdam 2003, ISBN 978-3-7954-1586-0.
  • Andreas Kitschke (Hrsg.): Ludwig Ferdinand Hesse (1795–1876). Hofarchitekt unter drei preußischen Königen. 1. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München 2007, ISBN 978-3-422-06611-3.
  • Karin Carmen Jung: Potsdam. Am Neuen Markt. Ereignisgeschichte, Städtebau, Architektur. Gebrüder Mann, Berlin 1999, ISBN 3-7861-2307-1.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Palast Barberini – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jung 1999, S. 61.
  2. Mielke 1972, S. 154f.
  3. Jung 1999, S. 68f.
  4. Manger 1789, S. 363.
  5. Mielke 1972, S. 92.
  6. a b Mielke 1972, S. 102ff.
  7. Manger 1789, S. 318.
  8. Mielke 1972, S. 44.
  9. Manger 1789, S. 423f.
  10. Mielke 1972, S. 24.
  11. Mielke 1972, S. 45.
  12. vgl. Mielke 1998, S. 50.
  13. Mielke 1972, S. 324ff.
  14. a b c d Fick 2000, S. 202f.
  15. Mielke 1972, S. 325.
  16. vgl. Mielke 1998, S. 46ff.
  17. Fick, 2000, S. 203.
  18. Kitschke, 2007, S. 206f.
  19. Manger 1789, S. 363ff.
  20. vgl. Mielke 1998, S. 49.
  21. Friedrich Nicolai: Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam. Berlin 1786, Leipzig 1993, S. 36, ISBN 3-379-01465-6.
  22. Persius 2003, S. 236.
  23. Jung 1999, S. 87.
  24. Potsdamer Mitte. In: potsdamer-mitte.de. Abgerufen am 13. Februar 2011.
  25. Integriertes Leitbautenkonzept Potsdamer Mitte. 20. März 2010, abgerufen am 9. November 2015.
  26. Umgestaltung von Potsdams Mitte kommt voran – Richtfest für neues Barberini-Museum. In: Märkische Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 1. April 2016.
  27. Peer Straube: Ein Besuch im Palast Barberini: Beethoven aus Stein. In: Potsdamer Neueste Nachrichten. 11. November 2015, abgerufen am 1. April 2016.
  28. a b Kitschke 2007, S. 206f.
  29. Mielke 1998, S. 157.
  30. Palais Barberini in Potsdam ist "Gebäude des Jahres", Der Tagesspiegel, 10. Januar 2016
  31. Pressemitteilungen von Stadtbild Deutschland e. V.

Koordinaten: 52° 23′ 42,6″ N, 13° 3′ 44,2″ O